Handel in 2020 – Perspektiven und Veränderungen

Willkommen in der permanenten Welt des Wandels.

Eine Kolumne von Ralf Korb.

Unser Kopf ist ja bekanntlich rund, damit wir stets die Richtung des Denkens verändern können. Schauen wir auf die Prognosen der achtziger des letzten Jahrhunderts, so ist einiges, aber nicht alles eingetroffen. Die „Handelsauguren“ um Tietz, Zentes und anderen haben viele Dinge korrekt prognostiziert, aber die Besonderheiten des Online Geschäftes und die Veränderungen des Versandhandels waren Element des unvorhersehbaren. Die haben voll zugeschlagen.

Die Veränderung des Versandhandels vom Großversender zum Spezialisten haben einige Versandunternehmen nicht richtig eingeschätzt oder aber die Versuche der Gegensteuerung haben nicht mehr gefruchtet. Die „Quelle und Neckermänner“ verschwanden mit dem erstarken der Online Händler oder der Versandhäuser die Kombinationen mit Ladengeschäften, Onlinehandel und diversifiziertem Kataloggeschäft gemacht haben.

Mein klassisches Beispiel ist hier Pearl. Nicht nur das sie nach Österreich und Schweiz expandierten, sondern das Unternehmen hat sehr viel in den Nischen und Märkten voran gebracht, bevor andere dort agierten. So die ersten erschwinglichen Navis und Dual Sim Smartphones aus China.

Daß Amazon wahrscheinlich nie große Gewinn erwirtschaften wird und Google nicht nur Suchmaschinist bleibt, ist mittlerweile fast jedem klar. Doch was bedeutet das für die Zielgruppen?

Veränderungen der Konsumentenstrukturen – nicht nur „Silver Ager“-Messen wie die invita, sondern auch neue Bedienkonzepte für reiche Zielgruppen stehen vor der Türe

Unsere Gesellschaften überreifen ,eher überaltern. Extreme Ausschläge in den Jahrgängen der 90er die jetzt die Universitäten stürmen, stehen einer kaufkraftstarken Silver Ager Gruppe gegenüber – dazwischen eine Menge des „Mittelalters“ gefüttert aus den Geburtenstarken 60ern und den von der Pille geknickten 70 ern und 80 ern.

Neue Käufergruppen, oder besser Kaufkraftverschiebungen erfordern ein Umdenken im Handel. Hat es mich auf meinen USA Reisen und in Skandinavien stets verwundert, daß dort auch immer reifes Beratungspersonal agierte, muss ich heute darüber lächeln. Dort hatte man mal wieder früher Entwicklungen antizipiert und entsprechend gehandelt. Eine siebzigjährige vermögende Pensionisten will nicht von Ihrer Enkelin beraten werden oder gar belächelt Ihrer Unwissenheit gestraft werden. Auch möchte der distinguierte Herr beim Anzugkauf geschmeichelt und umworben werden – ja er sucht den Jungbrunnen – hier kann eine attraktive Verkäuferin mit 20 Jahren Altersunterschied sicher etliches an den Mann bringen. Es gilt Beratungskompetenz und passendes Personal für die neuen Kerngruppen „an Bord“ zu haben.

Beratung auf Augenhöhe und mit Respekt heißt hier die Devise.

Generation Smartphone versus Generation Silberlocke – im Handel ist alles in Bewegung

Zwei spannende Gruppen mit unterschiedlichen Kaufmustern haben sich entwickelt:

Die Käufer Generation Smartphone und die Käufer Generation Silberlocke

Die einen (Smartphone) sind bestens informiert, brillieren mit Insider News und Fachwissen (oberflächlich, aber vorhanden), das der Verkäufer, der nur die Verkaufsverpackung liest schon „tot“ ist bevor der Kaufwillige bis 3 zählt. Hier braucht es mehr Nerds, die mit der richtigen Sprache, dem „Feeling“ und guten Iden überzeugen. Dann wird auch Amazon und Co verschmäht und es bleibt beim Händler vor Ort. Sicher helfen vielen Online affinen das Preisgefühl und die Rezensionen.

Bei den anderen (Silberlocken) haben wir die Fokussierung auf die Beratung. Dort ist Komfort-Kauf gewünscht. Männer die genervt nach 45 min im Laden nur noch nach draußen flüchten oder gar gequält Ihre jeweiligen Lebenspartner begleiten – sie wollen kurz, knapp und effektiv beraten werden. Das ist dann noch mit Sachkompetenz gerne mal 20% Mehrkosten wert. Es geht flott, passt und das Wohlbefinden ist da.

Beiden gemeinsam ist das Bedürfnis nach positiver Emotion – gut muß man sich fühlen den Kauf dort gemacht zu haben und es darf sich keine Nachkaufreue einstellen.

Erwartungen, Chancen und Möglichkeiten für den IT- und Kommunikationshandel

Mit Bindungssystemen (für die Smartphoner die Loyalitätsmessung und Boni auf das Phone, den Silberlocken ins Portemonnaie) zum einen und Kauf ohne Risiko zum anderen .

Der Hauptspeicher ist groß, der Platz in der Geldbörse gering – daher müssen die Systeme anders wirken. Konzepte die den gleichen Preis bieten wie der stationäre Wettbewerb sind fair, die Einbindung der Onliner unpraktikabel und zu kostenintensiv.

Beratung und Mehrwertverkauf sind die Ansatzpunkte, die meiner Erfahrung nach erfolgreich sind. Die Händler vor Ort blockieren bei mir nicht den Preisvergleich – sie weisen aber freundlich darauf hin, das man mit den Internet Angeboten nicht in den Preisvergleich einsteigt. Die Waschmaschine würde man aber auch nach Hause liefern, aufbauen und das Altgerät kostenfrei entsorgen.

Probehören der neuen Surroundanlage in den eigenen vier Wänden – das kriege ich nicht aus dem Netz. Ein nach Sonderwünschen konfiguriertes System mit Datenübernahme – kann man vielleicht im Ausnahmefall ergattern – aber wohl wäre mir dabei nicht. Wenn der Service gut ankommt, die Verkäufer agieren und qualifiziert beraten geht’s auch anders – da würde nicht ein Laptop gekauft, sondern gleich zwei, nicht das „Design- schick- und- glänzend- Produkt“, sondern das mit Modularität im Ein- und Umbau.

Beratungskompetenz, Serviceverhalten, rasche Interaktion und faire Preisflexibilität sind die Chancentreiber

Der Vor Ort Verkauf und Handel behält seine Chance indem er sich im Beratungskonzept wandelt. Der Laden vor Ort bleibt wichtig. Für spontane Shopping-Erlebnisse bleibt er weiterhin unverzichtbar. Eine Überlebenschance bieten zudem durchdachte Multi-Channel-Konzepte, die beide Kanäle sinnvoll miteinander verknüpfen. On und Offline in der Kombination,  Abholung im Laden vor Ort nach Kauf via Webshop vermitteln ein gutes Gefühl und Sicherheit im Reklamationsfall. Der Handel wird sich, wie bereits so oft, neu erfinden und eine Showrolle, eine Animations- oder Erlebnisrolle einnehmen, um sich qualifiziert zu differenzieren.

Gehen Sie voran – packen Sie es an. Ihre Chancen stehen gut.

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